Philosophie der Praxis

Der Mensch bildet mit seinem Körper, der Energie, Psyche und dem sozialen Wesen eine untrennbare Einheit. Jeder zu der Gesamtheit des Menschen gehörende Teil ist ein sich selbst regulierendes System, das sich in Wechselbeziehung zu allen anderen befindet. Die ganzheitliche Theorie beschreibt die Struktur, die Eigendynamik und die Interaktion der menschlichen Systeme.

Die Praxis ganzheitlicher Medizin beginnt mit der Anamnese und Diagnostik des subjektiven Erlebens einer Störung. Die Art und Weise wie sich ein Beschwerdebild zum Ausdruck bringt steht im Mittelpunkt des Interesses. Das Symptom ist nicht mehr ein Störfaktor, der auf eine andere vermutete Ursache (z.B. Arthrose) schließen lässt sondern ein komplexes Geschehen, in dem alle Systeme eingebunden sind. Der Körper spielt eine zentrale Rolle, da er die aktuelle Lebensform des Menschen und die Erscheinungsform der Dynamik aller Systeme repräsentiert.

Die ganzheitliche Therapie zielt auf die Linderung von Schmerzen und anderen Symptomen über die Beruhigung der Nervenbahnen. Mit natürlichen Regulationsmethoden werden die Funktionen der inneren Organe, des Hormon- und Immunsystems stabilisiert. Angeleitete Bewegungsübungen verbessern die Beweglichkeit. Die innere Arbeit stärkt die Bewusstheit und öffnet die Erkenntnisfunktionen.

Im Beginn der Behandlung stehen das akute Beschwerdebild und die Frage, auf welche Art und Weise sich Schmerzen und andere Störungen im Körper zum Ausdruck bringen im Vordergrund. Permanentes Grundrauschen der Nervenzellen ist normal und begleitet alle Lebensvorgänge in unterschiedlicher Intensität ohne dass sie ins Bewusstsein treten. Erst anhaltende Aktivierungen von schmerzempfindlichen Nervenstrukturen gehen mit bewussten Schmerzempfindungen einher. Der Schmerz ist die unmittelbare Empfindung einer nicht direkt sichtbaren Regulationsstörung mit Aktivierungen von Nervenfunktionen.

Die regulative Schmerzdiagnostik (Nozignostik) arbeitet mit einem diskreten, nicht schmerzhaften Impuls. Dieser unterschwellige Reiz auf die Nervenleitbahnen der Körperoberfläche gibt die neuronalen Aktivierungen in den vermehrt empfindlichen Körperregionen zu erkennen. Schmerzen können auch in den tieferen Körperschichten wie der Muskulatur, den Faszien, in Gelenken und der Knochenhaut entstehen. Die Aktivierungen der tieferen Körperschichten erfasst die propriozeptive Nozignostik (ProNG). Die Aktivierungsvorgänge steuern die Regulation des Organismus und stellen die neurophysiologische Basis des subjektiven Erlebens einer Störung dar. In dem Zusammenspiel aktiver Nervenpunkte wird das für chronische Schmerzen charakteristische Schmerzgedächtnis gebildet.

Die auf der Nozignostik beruhende Akupunktur, manuelle Therapie und Bewegungstherapie normalisieren und beruhigen aktivierte Nervenfunktionen. Dieser Vorgang benötigt je nach bereits bestehender Dauer der Beschwerden eine mehrfache Wiederholung bis schließlich durch die einsetzende Regulation eine kontinuierliche Stabilisierung eintritt. Die spürbare Linderung von Schmerzen und unangenehmen Körperempfindungen ist eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung der Beweglichkeit, der Stabilisierung hormoneller Regelkreise, des Blutdrucks, des Immunsystems und der Funktion innerer Organe. Diese wechselseitige Beeinflussung der verschiedenen Körpersysteme untersucht die Nozipathie.

Die dynamische Bewegungsanalyse (DyBA) ist ein Beispiel der praktischen Anwendung der Nozipathie und zeigt die Wechselwirkung neuronaler Steuerung und der koordinierten Bewegungsabläufe des Körpers. Das lasergestützte bildgebende Verfahren gibt die individuell geformten Bewegungsmuster anschaulich und nachvollziehbar zu erkennen und motiviert zur begleitenden Bewegungstherapie.

Diese Erfahrungen mit der ganzheitlichen Körpertherapie führen zu folgenden Überlegungen:

  1. der Körper, insbesondere die neuronale Aktivierung ist nicht die Ursache einer Störung sondern stellt die unbewusste Ausdrucksform der Interaktion mehrerer Systemebenen dar.
  2. mindestens vier Existenzebenen sind für menschliches Leben voraussetzend. Jedes lebensnotwendige System ist relativ autonom und durch eine charakteristische Struktur und Dynamik ausgezeichnet.
  3. Die existenziellen Systeme regulieren interagierend den menschlichen Organismus.

Die systemische Medizin orientiert sich an dem Bedürfnis des Patienten, alle Aspekte des Erlebens einer Störung einzubeziehen. Auch in der therapeutischen Begleitung ist zu beachten, dass sich im komplexen Symptomerleben die Ganzheit des Menschen ausdrückt und der Schlüssel auf dem Weg zur Heilung noch im Unbewussten liegt. Diese Besonderheit einer Krankheitsdynamik erfordert im weiteren Verlauf eine umfassende biografische, regulationsmedizinische und systemische Anamnese. Erst dadurch entsteht ein vollständiges Bild der Störung als körperliches, energetisches, psychisches und soziales Erleben. Diese Gesamtdynamik dient im therapeutischen Prozess zur Orientierung bis sie sich schließlich auflöst. Nun treten die Wechselwirkungen menschlicher Systeme nicht direkt erkennbar an die Oberfläche des Bewusstseins. Vielmehr ist die Einbeziehung des Unbewussten notwendig. Das kann über kreative Ausdrucksübungen, Imaginationen, Hypnose, tiefenpsychologische Verfahren und systemische Aufstellungen erfolgen.

Die Wissenschaft des Zusammenwirkens der komplexen menschlichen Systeme in Gesundheit und Krankheit bezeichne ich als Episcopathie.